Hebräisch
I. Einführung
Die hebräische Sprache ist eine dem nordwestsemitischen Zweig angehörende semitische Sprache, die die ‚ibhri, die Israeliten, bei ihrer Landnahme Kanaans (Gebiet westlich des Jordans in Palästina) annahmen. Die Sprache wurde auch als „Kanaanäisch“ und, nach dem Königreich Judas, als „judäische Sprache“ bezeichnet. Aus der althebräischen Sprache, dem biblischen Hebräisch, entwickelte sich um 300 v. Chr. das Mischna-Hebräisch (Mittelhebräisch). Die Periode des Neuhebräischen, die einzige Landessprache, die auf einer alten Schrift basiert, reicht vom 19. bis ins 20. Jahrhundert.
II. Biblisches Hebräisch
Die Sprache, in der der überwiegende Teil des Alten Testaments abgefasst ist, war vom 12. Jahrhundert v. Chr. Bis spätestens 200 v. Chr. lebendig. Da Phönizien an Kanaan grenzte, ist anzunehmen, dass das ursprüngliche Hebräisch mit dem Phönizischen fast identisch war; von den eng verwandten hebräischen und phönizischen Sprachgruppen kommt dem Hebräischen jedoch entschieden größere Bedeutung zu. Ab etwa 300 v. Chr. bedienten sich die Juden Palästinas sowohl im mündlichen Sprachgebrauch wie auch in weltlichen Schriften des Aramäischen. Die Juden außerhalb Palästinas sprachen die Sprache des Landes, in dem sie sich niedergelassen hatten. Hebräisch lebte jedoch fort als heilige Sprache und als Sprache des jüdischen Kultes und erfuhr durch die Jahrhunderte hindurch in regelmäßigen Abständen eine Wiederbelebung als Mittel literarischen Ausdrucks.
Das hebräische Alphabet bestand ursprünglich nur aus Konsonanten (siehe semitische Sprachen). Nach dem 5. Jahrhundert n. Chr. entwickelten jüdische Gelehrte (die Masoreten) Schriftzeichen für Vokale und Ausspracheregeln für das biblische Hebräisch dieser Zeit. Man nimmt an, dass diese Gelehrten auch einige voneinander abweichende Dialekte vereinheitlicht haben.
Das biblische Hebräisch hat einen kleinen Wortschatz. Konkrete Adjektive werden auch als abstrakte Substantive gebraucht. Temporale Bezüge sind im biblischen Hebräisch oft mehrdeutig, da nur eine geringe Zahl an Partikeln, die gedankliche Konzepte zueinander in Beziehung setzen und verbinden, und nur zwei verbale Tempora (Perfekt und Imperfekt) zur Verfügung stehen. Verschiedene syntaktische Mittel dienen dazu, diese Ambiguität aufzulösen. So wird eine in der Vergangenheit liegende Handlung dadurch angezeigt, dass in einer Reihung von Verben das erste Verb im Perfekt und alle folgenden im Imperfekt stehen; bezieht sich die äußerung auf die Gegenwart oder Zukunft, steht das erste Verb im Imperfekt und alle folgenden im Perfekt.
III. Mischna-Hebräisch
Das Mischna- oder rabbinische Hebräisch (ab dem 4. Jahrhundert v. Chr.) war die Sprache der Mischna, einer Sammlung religiöser und legislativer Schriften, die ein Kernstück jüdischer Literatur darstellt. Das Mischna-Hebräisch wurde nur als Schriftsprache verwendet, war aber für den praktischen Gebrauch anpassungsfähiger als das biblische Hebräisch. Der Wortschatz und die neuen syntaktischen Mittel waren stark vom Aramäischen geprägt, außerdem wurden Wörter aus dem Griechischen, Lateinischen und Persischen entlehnt. Die Wörter des biblischen Hebräisch erfuhren einen Bedeutungswandel und wurden in ihrer Form verändert. Das Tempus-System des Mischna-Hebräischen besitzt einen höheren Grad an Eindeutigkeit als das des biblischen Hebräisch. Der arabische Einfluss auf philosophische Schriften und die Übersetzung philosophischer und naturwissenschaftlicher Texte aus dem Arabischen waren im Mittelalter die Ursachen für die Erweiterung des hebräischen Wortschatzes durch arabische Lehnwörter. Ab dem 9. Jahrhundert wurde als Literatursprache verstärkt wieder das Bibelhebräisch gebraucht.
IV. Neuhebräisch
Als die Juden im 19. Jahrhundert nach Palästina zogen, fand eine Wiederbelebung des gesprochenen Hebräisch statt. Es ist die einzige Umgangssprache, der eine schriftliche Form zugrunde liegt. Als eine Verschmelzung von Bibel-Hebräisch und Mischnahebräisch entstand Ende des 19. Jahrhunderts das Neuhebräische (Ivrit), das 1948 zur Amtssprache Israels erklärt wurde. Es wird von rechts nach links geschrieben, und das Alphabet besteht aus 22 Buchstaben. Der Wortschatz entstammt dem biblischen Hebräisch, die Syntax geht auf das Mischna-Hebräisch zurück. Lange Vokale werden in der Schriftform in der Regel durch nicht ausgesprochene Konsonanten repräsentiert. In religiösen Schriften, Kinderbüchern und Gedichten wird die von den Masoreten geschaffene Punktuation verwendet, wobei die Vokale in Form von Pünktchen oder Strichen angezeigt werden. Die Aussprache orientiert sich an der Aussprachetradition der Sephardim, die vor allem in der Türkei, in Griechenland und Bulgarien leben. Um gegenwartssprachlichen Anforderungen zu genügen, musste der Wortschatz der alten Schriftsprache um eine Vielzahl neuer Wörter, vor allem wissenschaftlicher Begriffe, erweitert werden. Allein der in Litauen geborene Gelehrte Eliezer ben Yehuda bildete 4 000 neue Wörter aus biblisch-hebräischen Wurzeln. Weitere Einflüsse auf das Neuhebräische gingen von den Landessprachen der israelischen Immigranten und vom Jiddischen, der Sprache der Aschkenasim (osteuropäische Juden), aus.
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